
Mönchengladbach – Sirenen, Blaulicht und hektisches Treiben – doch zum Glück ist es kein echter Katastrophenalarm. In Mönchengladbach haben am Wochenende fast 1400 Helferinnen und Helfer des Technischen Hilfswerks (THW) an einer der größten Katastrophenschutzübungen Nordrhein-Westfalens teilgenommen. Unter dem Titel FÜLEX25 erprobten die Einsatzkräfte auf einem weitläufigen Gelände den Ernstfall: von Naturkatastrophen über Chemieunfälle bis hin zu Szenarien, die an Kriegsgebiete erinnern. Ziel ist es, Abläufe zu trainieren, die Zusammenarbeit zu festigen und die Helfer auf Ausnahmesituationen vorzubereiten.
Rettung aus dem Einfamilienhaus
Ein Szenario spielt in einer künstlich beschädigten Siedlung: Mehrere THW-Gruppen rücken an, um nach möglichen Verletzten zu suchen. Leitern sind an Fenstern aufgestellt, Helfer durchsuchen Räume nach Menschen. Wenig später führen sie zwei Zivilisten aus dem Gebäude – einen jungen Mann mit Verletzungen und eine ältere Frau, die sichtlich verwirrt wirkt. „Es geschieht prinzipiell alles ohne Hektik. Wenn wir langsam vorgehen, vermeiden wir Fehler“, erklärt Klaus Heimanns vom Media-Team des THW.
Der Mann wird sofort medizinisch versorgt, die Frau beruhigt und in Sicherheit gebracht. Für die Einsatzkräfte Routine, aber zugleich auch ein Test: Wie arbeitet ein Team zusammen, wenn Stress und Unübersichtlichkeit ins Spiel kommen?
Bedrohung im „Kriegsgebiet“
Noch drastischer ist ein Szenario, das die Bedingungen eines Kriegsgebiets nachstellt. Häuser stehen beschädigt, Trümmer liegen verstreut, und immer wieder werden Störfaktoren eingebaut. „Der Feind ist abgezogen, aber hat uns ein paar Überraschungen hinterlassen“, kündigt Übungsbeobachter Guido Müller an.
Zunächst müssen die Helfer zwei Zivilisten abwehren, die trotz Gefahren unbedingt in ihr Haus zurück wollen. Sie bedrängen und beleidigen die THW-Kräfte. „Das ist gewollt“, sagt Müller. „Wir wollen Stress verursachen, damit die Helfer lernen, auch unter Druck ruhig und konsequent zu bleiben.“
Doch die Situation eskaliert: Der Mann bricht zusammen, ein Feuerball steigt nach einem Knall in der Siedlung auf, eine hörgeschädigte Frau irrt panisch zwischen den Gebäuden umher. Gleichzeitig schreit eine junge Frau die Einsatzkräfte an und schlägt nach ihnen. Szenen, die zeigen, wie unberechenbar ein echter Einsatz verlaufen kann. Die THW-Helfer müssen flexibel reagieren, ihre Prioritäten ständig neu setzen – und trotzdem den Schutz der Zivilisten gewährleisten.
Freiwillige im Mittelpunkt
Das Besondere am THW: Fast alle Einsatzkräfte arbeiten ehrenamtlich. Sie sind keine hauptamtlichen Feuerwehrleute oder Rettungssanitäter, sondern kommen aus den unterschiedlichsten Berufen. „Wir haben Bäcker, wir haben Ingenieure, wir haben was von allem. Das ist eine ganz große Bandbreite“, erklärt Heimanns.
Viele investieren ihre Freizeit in das Ehrenamt, üben regelmäßig Abläufe und stehen im Katastrophenfall bereit. „Die alle verbringen hier ihre Freizeit, und schützen Deutschland“, sagt Heimanns mit Nachdruck. Auch neue Mitglieder seien jederzeit willkommen. Der Wille, helfen zu wollen, sei die wichtigste Voraussetzung.
Mehr als nur Zivilschutz
Über das Gelände verteilt laufen an diesem Tag zahlreiche weitere Übungen. In einer verlassenen Kirche wird geprobt, wie Einsatzkräfte Räume ausleuchten, um polizeiliche Ermittlungen zu unterstützen. In einem anderen Szenario kracht ein Auto in einen präparierten Chemikalientank. Die Helfer müssen in Schutzanzügen und mit Atemmasken vorgehen, Betroffene dekontaminieren und den Bereich sichern.
„Es ist uns wichtig, ein möglichst breites Spektrum darzustellen“, erklärt Übungsleiter Müller. „Denn im Ernstfall kann uns alles begegnen – von Naturkatastrophen über technische Unfälle bis hin zu Szenarien, die man sonst nur aus dem Ausland kennt.“
Engagement, das beeindruckt
An jeder Ecke des Geländes ist etwas los. Kaum ist ein Einsatz abgeschlossen, wartet schon die nächste Aufgabe. Für die THWler bedeutet das: kaum Pausen, dafür aber wertvolle Praxiserfahrung. Beobachter und Ausbilder achten genau darauf, wie die Teams vorgehen, wo noch Verbesserungspotenzial liegt und wo Abläufe bereits reibungslos funktionieren.
Am Ende des langen Übungstages überwiegt bei vielen Helferinnen und Helfern das Gefühl von Stolz und Zusammenhalt. „Deutschland bereitet sich vor. Wir sind unterwegs“, sagt Heimanns – und fasst damit zusammen, worum es bei FÜLEX25 geht: ein starkes Signal für Zivilschutz und Katastrophenhilfe in Zeiten, in denen Krisen jederzeit Realität werden können.